„Ich freu’ mich auf mein Leben!“
Okt. 31, 2016 behringfilm.de 0 Comment NewsEine Dokumentation begleitet eine Lörracher Patchworkfamilie in existentieller Lage / Vorführungen im Kino Union.
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Die Freiburger Dokumentarfilmerin Sigrid Faltin Foto: Seeger/ dpa
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Kai Grünberg baut im Garten an einem Totempfahl. Filmszene aus „Kinder.Liebe. Zukunft.“ Foto: Veranstalter („)
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Marion Schröter-Grünberg mit Liv in einer Filmszene Foto: Veranstalter/Mail von Florian Fromm, Kinodisposition Freiburg
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Die Freiburger Dokumentarfilmerin Sigrid Faltin Foto: Seeger/ dpa
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Kai Grünberg baut im Garten an einem Totempfahl. Filmszene aus „Kinder.Liebe. Zukunft.“ Foto: Veranstalter
LÖRRACH. „Kinder! Liebe! Hoffnung!“ hieß der erste, im ZDF ausgestrahlte Dokumentarfilm über die Lörracher Familie Grünberg-Schröter. Der zweite, der jetzt im Kino Union gezeigt wurde, heißt genauso, nur das Wort „Hoffnung“ wurde durch „Zukunft“ ersetzt – auch dies mit einem Ausrufezeichen versehen. Gezeigt wird der Weg einer Patchworkfamilie durch die tödliche Erkrankung des Familienvaters. Und ihr mutiger Aufbruch in die Zukunft.
„Es ist nicht einfach, sich so vor einer Kamera zu öffnen“, sagt Regisseurin Sigrid Faltin, nachdem der Film zu Ende ist. Die Menschen, die in Lörrach zu einer Patchworkfamilie zusammenfanden, haben sich geöffnet, vier Jahre lang – und damit ein Filmdokument möglich gemacht, dass berührt und ermutigt. Das ehrlich wirkt und nie peinlich wird. Im Lörracher Kino gab es dafür Applaus, was selten ist in einem Lichtspielhaus.
Als das Paar sich über das Internet findet, ist Marion Schröter 32 Jahre alt, Sozialpädagogin und Musiklehrerin, Mutter des fünfjährigen Lars, die Beziehung zu dessen Vater ist unkompliziert. Kai Grünberg, 42 Jahre alt und Arzt, ist Vater von Liv (11), Bela (10), Enid (8) und Amon (6). Die Beziehung zur Mutter ist desaströs. Der Film deutet an, wie schwierig die Situation vor der Scheidung war. Kurze Zeit sind die Kinder in Pflegefamilien, dann bekommt der Vater das Sorgerecht, die Mutter nur noch begleiteten Umgang, den das Gericht auch auf Wunsch der Kinder später ganz unterbindet. Das ist die Ausgangslage im Frühjahr 2012.
Und nun erzählt der Film: Marion und Kai treffen sich, sie verlieben sich, sie ziehen in Lörrach zusammen. Sie reduziert ihre Arbeit an der Waldorfschule, um für die Kinder da zu sein. Die Situation ist nicht einfach, vier der fünf Kinder haben eine konfliktreiche Familiengeschichte im Rücken. Doch es besteht die berechtigte Hoffnung auf eine große Portion Glück. Da bekommt Kai die äußerst bedrohliche Krebsdiagnose. Besonders er möchte, dass die Dreharbeiten trotzdem weitergehen, wird Marion Schröter-Grünberg nach der Vorführung sagen. So wird aus der Dokumentation über eine Patchworkfamilie eine Doku über eine Patchworkfamilie in existenzieller Lage.
Der Film erzählt von Leid und Not der Beteiligten, ohne ihnen je unangemessen nahezutreten. Wird Marion, die für die Kinder da sein soll, falls der Vater nicht überlebt, das schaffen? Das Paar heiratet, Marion wird klar, dass sie die Kinder liebt – alle. Die sind in der Tat, so zeigt der Film, trotz der belasteten Vorgeschichte und Umstände großartig.
Gezeigt werden Großelternbesuche in Freiburg, Szenen in der Onkologie Dreiländereck, im Urlaub; die Not des Vaters mit seiner Schwäche und die der Mutter mit der unglaublichen Last – fünf Kinder, ein schwerkranker und irgendwann pflegebedürftiger Mann, die Arbeit inzwischen an der Mathilde-Planck-Schule. Ihre Bedürfnisse bleiben auf der Stecke. Es hilft, dass die Lage in Briefen und Gesprächen reflektiert wird, vor allem aber hilft der Lebensmut, der sich immer wieder Bahn bricht. Die Familie kämpft gegen die Verzweiflung und besteht, auch nach dem Tod des Vaters. „Ich freu’ mich auf mein Leben“, sagt Marion in ihre Trauer und Erschöpfungsdepression hinein – und verliebt sich neu. Für die Kinder bekommt sie die Vormundschaft. Sie sei, sagt eine Zuschauerin nach dem Film, „Ein Glücksfall für die Familie“.
Die Kinder haben den Film bisher nicht gesehen. Tun sie es eines Tages, werden sie vermutlich glücklich sein, dieses Dokument zu besitzen.
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