Dokumentation wird zur therapeutischen Begleitung
Nov. 4, 2016 behringfilm.de 0 Comment UncategorizedIm Film „Kinder! Liebe! Zukunft!“ geht es um die Lebensbewältigung einer Patchwork-Familie / Gespräch mit Regisseurin.
KENZINGEN. Im Kino Löwen-Lichtspiele sprachen die Freiburger Regisseurin Sigrid Faltin und die Lörracher Protagonistin Marion Grünberg-Schröter über den Film „Kinder! Liebe! Zukunft!“. Die Dokumentation zur Lebensbewältigung einer Patchwork-Familie wird in Kenzingen noch ein weiteres Mal gezeigt.
Marion Schröter und Kai Grünberg kennen sich seit einem Jahr. Nun möchten sie das Zusammenleben als Familie wagen. Marion ist Musiklehrerin an der Waldorfschule. Ihr Sohn Lars ist fünf, die Kinder des Arztes Kai sind zwischen sechs und elf Jahre alt. Die ersten Filmszenen zeigen ein gemeinsames Frühstück.
Als Sigrid Faltin 2011 den SWR-Auftrag für einen Dokumentarfilm über eine junge Patchwork-Familie erhielt, hatte die 1956 geborene Historikerin und Fernsehjournalistin schon einige biografische Filmarbeiten veröffentlicht – unter anderem über eine Pflegefamilie und die letzte Lebensphase unheilbar erkrankter Menschen.
Marion Schröter und Kai Grünberg leben zwar ohne Fernseher, finden die Produktionen Faltins aber so überzeugend, dass sie mit ihren Kindern den Vorschlag annehmen, über ein Jahr hinweg von einem TV-Team begleitet zu werden.
Das filmische Ergebnis überzeugt. Geschickt ist der Handlungsstrang mit zeitparallelen Statements und Rückblicken einzelner Familienmitglieder verwoben. Die aufgezeichneten Bilder und Gespräche zeigen ein Gefüge, in welchem jeder Einzelne sich respektiert und wertvoll fühlt. Gemeinsam bewältigt man den schweren Weg.
Als 2013 die Auftragsarbeit für den SWR beendet und der Fernsehtitel „Kinder! Liebe! Hoffnung!“ ausgestrahlt ist, entsteht auf beiden Seiten der Wunsch, die Dokumentation fortzuführen. Faltin begleitet die Familie über weitere vier Jahre und macht daraus mit den Freiburger Produzenten Ingo Behring (Kamera) und Mark Klotz (Kamera, Schnitt) einen Kinofilm. Seit dem Tod Kais im Frühjahr 2015 trägt Marion Grünberg-Schröter die Vormundschaft für die vier Kinder ihres verstorbenen Mannes, die mit ihr leben. Noch in der Erschöpfungsphase nach Kais Tod beginnt für Marion eine neue Zukunft – sie verliebt sich. Freund Thomas wird von den fünf Kindern als neues Familienmitglied geschätzt.
Die gezeigten Szenen sind beeindruckend und wirken glaubwürdig. Aber kann solch ein Film wirklich authentisch sein? Das Filmgespräch zerstreut letzte Zweifel. „Im Grunde ist Sigrid Faltin einfach nur eine fantastische Fragenstellerin“, sagt Grünberg-Schröter. „Kai und mir war von Anfang an klar, dass diese Doku so etwas wie eine therapeutische Begleitung für uns war, die typische Probleme einer Patchworkfamilie beleuchtete und so auch für viele andere möglicherweise eine Hilfe darstellte. Vieles haben wir durch Sigrid präventiv durchdacht und reflektiert“. Kommentare aus dem Publikum spiegeln allergrößte Hochachtung. Der Applaus gilt zwei bewundernswerten, engagierten Frauen: Einer Lebenspartnerin und Mutter, einer Filmemacherin.
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