Traurig und ergreifend

Nov. 21, 2016     behringfilm.de   0 Comment     ,     News

Die Ankündigung im Kinoprogramm ist kurz: „Kinder!Liebe!Zukunft!“ ist ein Dokumentarfilm von Sigrid Faltin über eine Patchworkfamilie, die den größten anzunehmenden Unfall erlebt. Kaum sind Marion mit ihrem Sohn und Kai mit seinen vier Kindern zusammengezogen, wird bei Kai Lungenkrebs diagnostiziert. Der Zuschauer weiß also, was ihn erwartet und wird doch emotional kalt erwischt von dieser mehr als 90 Minuten langen Dokumentation.

Zuerst sind die Musiklehrerin Marion (32) und der Gynäkologe Kai (43) ein angenehm sympathisches Paar mit aufgeweckten und auf den ersten Blick fröhlichen Kindern. Dass alle vier Kinder von Kai depressive Seiten haben, hängt mit dem Streit ihrer Eltern und dem Verhalten ihrer leiblichen Mutter zusammen und wird von Marion bald schon thematisiert. Sie ist der ruhende Pol, klar, lebensbejahend und liebevoll und hält die Großfamilie zusammen. Sie ist nicht nur voll berufstätig, sondern muss auch den turbulenten Alltag und das Fünffache an Haushalt bewältigen. Sie schafft das alles, bleibt nach außen die freundliche fröhliche Mutter, geht liebevoll auf ihre Stiefkinder ein, sorgt sich um jedes Einzelne, sucht den emotionalen Zugang und versucht über die Musik, die Verlustängste der Kinder zu lindern. Anders als Kai und seine geschiedene Frau, hat sie ein freundschaftliches Verhältnis zum Vater ihres Sohnes.

Die Regisseurin erzählt, dass sie lange nach einer Patchworkfamilie gesucht hat, nicht wie üblich über eine Anzeige, sondern über Freunde und den Bekanntenkreis. Diese Familie habe ihr gut gefallen, doch es sei nicht leicht gewesen, so nah an sie heranzukommen. „Es musste viel Beziehungsarbeit geleistet werden. Wir haben mit kleiner Kamera und ohne große Tonausrüstung gedreht. Wir hatten abgemacht, dass die Erwachsenen den Film vorab sehen können, auch die Exfrau hat ihre Szenen freigegeben.“ Zunächst spielte der heftige Streit zwischen ihr und Kai noch eine große Rolle und zieht sich weiter durch den ganzen Film.

Als Kai die Diagnose bekam, habe sie erwartet, dass das das Ende des Films sei, doch die Familie habe weitermachen wollen, sagt Faltin. „Es war für sie ein bisschen wie eine Therapie. Sie hatten Vertrauen zu mir und zu meinem Kameramann. Alle konnten alles sagen, und das hat ihnen geholfen“, sagt die Dokumentarfilmerin. Das ist auch das wunderbare an diesem Film, er ist authentisch. Erkennbar, wenn Marion mit ihrem klaren Kopf ihre Angst und Wut über die Ungerechtigkeit des Lebens in der gemeinsamen Onko-Psychotherapie herausschreit. Auch die Kinder können den Frust und die Trauer über das Verhalten ihrer Mutter offen aussprechen und begründen, warum sie den Kontakt zur Mutter ablehnen, und entscheiden, bei Marion zu bleiben.

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